Alle reden von Corona. Wir reden vom Wetter. Podcastliteratur präsentiert zwei Gedichte zum vielen Schnee von gestern und von übermorgen: „Die Winterengel I und II“. Gelesen von Kerstin Bachtler. (Die Winterengel I: Schnee ist alles was sie haben … Die Winterengel II: Ach, sagen die Winterengel, wenn sie CASABLANCA sehen, dies also ist die Liebe? … Alle Rechte vorbehalten: Teo Rakyat)
Die Winterengel I
Schnee
ist alles
was sie haben
Mehr als Flügel
brauchen sie
Schnee
„Schnee“ sagen sie
und lächeln
sich zärtlich an
Schnee ist ihr Traum
den Gott nicht
deuten kann
Blattweiß Schnee
wenn die Wörter
verschwunden sind
Schnee ist
was durch ihre
Herzen weht
Das Gestammel
ihres Begehrens
: Schnee
Schnee
der blinde Fleck
auf ihrer Retina
Schneebilder
nach dem Abspann
des Films
Rauschender Schnee
nächtelang Tinnitus
in ihren Ohren
Schnee die
gefrorene Sintflut
auf der Erde
Die Gleichgültigkeit
Gottes was sonst
ist Schnee
„Ach“, sagen die Winter-
engel, wenn sie
Casablanca sehen,
„dies also ist die Liebe?“
(Alle Rechte vorbehalten: Teo Rakyat)
Die Winterengel II
Ach, sagen die Winterengel,
wenn sie CASABLANCA sehen,
dies also ist die Liebe ?
Wie Schnee bedecken sie die Welt.
Und uns. Als gelte es mit Weißheit
auszublenden, was nicht wichtig ist.
Helles Rauschen, blindes Gleißen.
Ein leises Zittern auf den Lidern,
Augeneis, das hinter der Pupille tropft.
Kalte Hostien, heißes Licht. Auf meiner
Zunge schmilzt die Neige, schmilzt la neige:
Kleines Training für das große Nichts.
Soviel als Schneekristalle gibt es:
Winterengel. Unsichtbar. Ganz Weiß
Weiß. Überzählig. (So wie ich!)
Federn, Flaum, Gefieder, fallen lautlos,
stummes Stammeln, ein Gestöber,
mit den Flocken in die Himmel.
Bedeckt von ihren Flügeln wird uns
Sterben leicht: Wie unter Schnee
in einer leeren Welt zu leben.
Ach, sagen die Winterengel, wenn
sie uns in unsern Gräbern sehen:
Dies also waren die Liebenden… ?
(Alle Rechte vorbehalten: Teo Rakyat)