Extra: Johann Georg Wirth strickt Strümpfe im Centralgefängnis von Kaiserslautern – Zum 225. Geburtstag des Vorkämpfers für ein demokratisches und republikanisches Deutschland am 20. November 2023

Der Jurist, Journalist, Publizist und Politiker Johann Georg Wirth (geboren 1798 in Hof, gestorben 1848 in Frankfurt) setzte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts entschieden für Demokratie und Freiheit ein. Als das in Bayern immer schwieriger wurde, ging er mit seiner Familie nach Homburg, wo in den linksrheinischen Gebieten immer noch Reste der französischen Freiheitsrechte galten, und der publizistische Kampf für demokratische Verhältnisse etwas leichter war. Mit Philipp Jakob Siebenpfeifer bereitete er das Hambacher Fest von 1832 vor, wo er einer der Hauptredner war. Schon damals forderte er eine freiheitliche deutsche Republik, eine demokratische Verfassung und ein vereintes Europa.

Der absolutistische Staat reagierte mit Durchsuchungen, Beschlagnahmungen seiner Presse, mit Anzeigen, Prozessen und Gefängnis. So wurde Johann Georg Wirth zwei Jahre im „Centralgefängnis“ von Kaiserslautern inhaftiert (Es stand auf dem heutigen Rathausgelände), wo er Strümpfe stricken musste. Aber daneben auch Zeit für seine Studien fand und viele Briefe an seine Familie schrieb.

Einen stellt Theo Schneider u.a. in diesem Extra vor.

Johann Georg August Wirth

Johann Georg August Wirth

20.11.1798 – 26.07.1848
Johann Georg August Wirth gilt als prägende Figur des Hambacher Festes von 1832, überzeugt von der Pressefreiheit als Grundpfeiler einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung. Aber sein Denken kennzeichnete zugleich Wandlungspotentiale und inneren Widersprüche liberaler Ideen und demokratischer Forderungen zwischen Vormärz und Revolution.

Nach einem rechtswissenschaftlichen Studium und der Tätigkeit als Anwalt, begann Johann Georg August Wirths journalistische und politische Laufbahn 1831 mit der Herausgabe der Zeitungen Kosmopolit und Die Tribüne. Er kritisierte die Regierung und trat für die Pressefreiheit ein, um Reformen mit dem Ziel einer konstitutionellen Monarchie einzuleiten. Die Zensur war sein ständiger Begleiter, gegen die Wirth als gelernter Jurist jedoch vielfach erfolgreich vorging und so der freien Meinungsäußerung im Vormärz rechtlich gesicherte Spielräume verschaffte.

Dennoch verlor Wirth angesichts der rigorosen Zensur zunehmend das Vertrauen in die monarchische Ordnung, was im Jahr 1832 zugleich eine radikale Wendung seiner politischen Haltung bedeutete: Im Aufruf an die deutschen Volksfreunde, auf dem Hambacher Fest und – nach seiner Verhaftung – in seiner Verteidigungsrede von 1833 forderte er eine freie Republik, mit allgemeinem (Männer-)Wahlrecht, ohne ständische Vorrechte in einem deutschen Einheitsstaat.

Zug zum Hambacher Schloss

Leitend war Wirth die Idee, alle Entscheidungsgewalt in den Händen gebildeter Bürger zu konzentrieren und jede begrenzende Verfassung entbehrlich zu machen. Dieses Konzept einer umfassenden Volkssouveränität koppelte Wirth an die Vorstellung einer Nation, deren Grenzen und Mitglieder sich nach kulturellen Merkmalen, wie etwa der Sprache, bestimmten. In späteren Schriften der 1830er und 1840er Jahre buchstabierte er diesen Gedanken aus und nahm darin auch die Vorstellung rassischer Hierarchien auf. An ihrer Spitze wollte Wirth nun ein allem „Fremden“ vermeintlich überlegenes deutsches „Volkstum“ erkennen – und rechtfertigte dessen Einheit in Freiheit sowohl mit der die Einrichtung von Kolonien als auch mit Kriegen gegen europäische Nachbarn wie etwa Frankreich. Die nationale Einheit war Wirth zur Vorbedingung der inneren Freiheit geworden.

Im Laufe der 1840er Jahre wandte sich Wirth von der Idee der direkten Volksherrschaft und der Republik ab. Stattdessen beschrieb er (wieder) einen monarchischen Nationalstaat mit einer Verfassung, die nun eine Regierung und ein in seinem Einfluss beschränktes, nach Adel und Bürgertum getrenntes Beratungsorgan vorsah. Während der Märzereignisse von 1848 zählte er sich zu den gemäßigten Reformen und wurde wenige Monate vor seinem Tod noch in die Nationalversammlung gewählt.

Centralgefängnis Kaiserslautern

Schriften
Johann Georg August Wirth: Aufruf an die Volksfreunde in Deutschland, Homburg 1832.

Johann Georg August Wirth: Die Rechte des deutschen Volkes. Eine Vertheidigungsrede vor den Assisen zu Landau, Nancy 1833.

Johann Georg August Wirth: Fragmente zur Culturgeschichte. Erster und Zweiter Theil, Kaiserslautern 1836.

Johann Georg August Wirth: Die Geschichte der Deutschen. 4 Bde., Stuttgart 1846.

Literatur
Michail Krausnick: Johann Georg August Wirth. Vorkämpfer für Einheit, Recht und Freiheit. Eine Biografie, Mannheim 2011.

Elisabeth Hüls: Johann Georg August Wirth (1798–1848). Ein politisches Leben im Vormärz, Düsseldorf 2004.

Axel Herrmann/Arnd Kluge (Hrsg.) Johann Georg August Wirth (1798–1848). Ein Revolutionär aus Hof. Seine Person – seine Zeit – seine Wirkungen, Hof 1999.