Tijan Sila ist ein Stern des jungen literarischen Dreigestirns aus Kaiserslautern, dessen Romane in den vergangenen Jahren große Aufmerksamkeit bei Kritikern und Lesern gefunden haben. Christian Baron und Arno Frank sind die beiden anderen. (Übrigens ausführlich in Podcastliteratur.de zu Wort gekommen)
Sie und ihre Bücher haben viele Gemeinsamkeiten: Sie sind (bis auf zwei Ausnahmen) in hohem Maße autobiografisch fundiert, Teil dessen, was man neumodisch als „autofiktionale Literatur“ bezeichnet. Im Mittelpunkt stehen Schicksale und Geschichte Heranwachsender. Ihre Lebensumstände und Handlungen sind geprägt von kriegerischer, politischer, gesellschaftlicher und familiärer Gewalt. Und oft wird dargestellt, wie sich diese Formen der Gewalt gegenseitig bestimmen und bedingen. Aber ganz wichtig: Es gelingt den Protagonisten nicht nur diesen gewalttätigen Umständen zu entkommen, sondern sie bewältigen sie mit erstaunlicher Resilienz und erfinden sich neu – in ihren Büchern und in ihren Biografien.
Tijan Sila war bis zur Flucht der Familie aus Jugoslawien ein Kriegskind zwischen den Fronten im umkämpften Sarajewo und Opfer väterlicher Gewalt. Davon erzählt er in seinem ersten Roman „Tierchen unlimited“ und in seinem neuesten, autobiografischen Buch „Radio Sarajewo“. In seinem zweiten Roman „Die Fahne der Wünsche“ ist der heranwachsende Junge ein Opfer der politisch-gesellschaftlichen Gewalt eines diktatorischen Staates und unberechenbarer Jugendbanden. Und in seinem dritten Roman mit dem Titel „Krach“, eine Art Roadmovie durch die pfälzische und bundesrepublikanische Provinz, sind blutige Schlägereien zwischen Punks und Neonazis ständige Begleitumstände der Handlung.
Und dennoch entgehen sie am Ende alle der schlimmsten Gewalt: Durch Flucht, Freunde, Liebe, Studium und werden……vielleicht glückliche Familienväter, Journalisten mit Schreibklause am Donnersberg oder Berufsschullehrer in Kaiserslautern. Über Tijan Sila und seine Bücher diskutieren in Folge 41 von Podcastliteratur.de der Autor Andreas Dury, die Germanistin Stefanie Schmoll und Theo Schneider.
Tijan Sila
Tijan Sila wurde 1981 in Sarajevo im ehemaligen Jugoslawien geboren, wo er seine Kindheit verbrachte. Während der Belagerung der Stadt im Bosnienkrieg flüchtete er mit seiner Familie und kam 1994 nach Deutschland. Er wuchs in Landau in der Pfalz auf. Als Jugendlicher spielte er Gitarre in einer Punkband. Nach dem Schulabschluss studierte Sila Germanistik und Anglistik an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg.
Silas autobiographischer Debütroman Tierchen unlimited erschien 2017 bei Kiepenheuer & Witsch. Er wurde für den Debütpreis der lit.Cologne nominiert. 2018 folgte der Roman Die Fahne der Wünsche über einen Teenager, der in einem fiktiven totalitären Regime aufwächst. Der Titel ist ein Verweis auf Klaus Theweleits Männerphantasien, seiner Dissertation zu faschistischen Männlichkeitskonstruktionen. 2021 erschien der Roman Krach, in dem Sila seine Jugend in der pfälzischen Provinz und Punkszene der späten 90er Jahre verarbeitet. 2023 veröffentlichte Sila das autobiographische Buch Radio Sarajevo bei Hanser. Nach seinem Debüt die zweite literarische Auseinandersetzung mit dem bosnischen Bürgerkrieg und der Flucht. Im Nachwort erklärt Sila, das Buch sei der Versuch seiner Generation der Kriegskinder ein Denkmal zu setzen. Das Buch schaffte es im Frühjahr 2024 auf die SWR-Bestenliste.
Gemeinsam mit seiner Frau Lena Schneider schrieb er das Kinderbuch Lila Leuchtfeuer: Geh nicht nach Nimmeruh!, das 2024 bei Beltz & Gelberg erschien. Illustriert wurde es von Ariane Camus.
Sila veröffentlichte Essays in der Zeit, der taz und im Freitag. Er lebt mit seiner Frau und der gemeinsamen Tochter in Kaiserslautern. Neben dem Schreiben arbeitet er als Deutschlehrer an einer Berufsschule und ist Teil der Punkband Korrekte Drinks. Der Nachname Sila (bosnisch für „Kraft“, „Macht“) ist ein Künstlername.
(nach Wikipedia, gekürzt)