Extra: Schatten unter Schatten
Die Konzentrationslager überlebt – Im Konzentrationslager gestorben: Der absurde Tod von Robert Desnos, geb. am 4.7.1900 in Paris – gest. am 8.6.1945 im KZ Theresienstadt

Dass die meisten Gedichte traurig sind, ist ein eher banaler Befund. Weniger banal als bitter ist die Tatsache, dass die Dichter der Moderne zwischen 1850 und 1950 oft ein trauriges und kurzes Leben hatten. Dafür sorgten Kriege, Lager, Armut, Hunger und Krankheiten – und zuweilen auch unglückliche Lieben. Man schaue sich nur mal die Geburts- und Todesdaten in Enzenbergers Anthologie „Museum der Modernen Poesie“ an.

Eine ganz besonders traurige, ja herzzerreißende Geschichte ist die vom Tod des französischen Robert Desnos im Konzentrationslager Theresienstadt. So absurd und surrealistisch und herzzerreißend traurig wie sie sich kein Autor ausgedacht hätte.

Der französische Dichter Robert Desnos gehörte zum inneren Kreis der Surrealisten. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er für die Résistance. 1944 wurde er von den Deutschen gefasst, deportiert und in mehrere Konzentrationslager verschleppt. Er überlebte seine Befreiung im Lager Theresienstadt nur wenige Monate. Kurz bevor er dort an Fleckfieber starb, schrieb er angeblich sein berühmtestes Gedicht: Eine Behauptung und eine Versfassung, die vermutlich eine Fälschung sind. Echt allerdings ist sein Gedicht, das wohl die Vorlage dafür war.

Robert Desnos 1924

Robert Desnos [ʁɔˈbɛ(ː)ʁ dɛsˈno(ː)s][1] (* 4. Juli 1900 in Paris; † 8. Juni 1945 in Theresienstadt) war ein französischer Schriftsteller, Journalist und Widerstandskämpfer. Beeinflusst insbesondere von Gérard de Nerval und Charles Baudelaire[2], verfasste er vorwiegend Lyrik. Zu seinen Hauptthemen zählte die Liebe. Ilya Ehrenburg[3] zitiert zustimmend Paul Éluard: „Von allen Dichtern, die ich kannte, war Desnos der unmittelbarste, der freiste; er war ein Dichter, den niemals die Inspiration verließ; er konnte sprechen, wie kaum ein Dichter schreiben kann. Er war der Tapferste von allen.“ Er wurde 1944 nach Deutschland deportiert und starb kurz nach seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager.

Leben

Robert Desnos und seine Muse Youki Foujita, 1933 Gedenktafel an seinem Wohnhaus in Paris
Desnos verließ mit sechzehn Jahren sein kleinbürgerliches Elternhaus, schloss sich anarchistischen Kreisen an und ernährte sich von Gelegenheitsarbeiten. Nach dem Militärdienst in Marokko stieß der Nachwuchsschriftsteller 1919 zu den Pariser Dadaisten um Tristan Tzara, André Breton, Paul Éluard, Philippe Soupault, Max Ernst und Francis Picabia. In der „Zeit der Schlafzustände“ beschäftigte sich Desnos vordringlich mit der Erforschung des Unbewussten und fertigte Traumprotokolle an. Er lebte vor allem von journalistische Tätigkeiten; er schrieb u. a. für die surrealistische Zeitschrift La Révolution Surréaliste (zwölf Nummern, 1924–1929) und für Eugène Merles Paris-Matinal.[4]

Von André Breton im Zweiten Manifest des Surrealismus 1930 gemaßregelt, antwortete Desnos mit einem Beitrag im Anti-Breton-Pamphlet Un Cadavre (Ein Kadaver), an dem Georges Ribemont-Dessaignes, Georges Bataille, Jacques Prévert, Georges Limbour, Roger Vitrac, Antonin Artaud, Philippe Soupault, André Masson und Jacques-André Boiffard mitschrieben. Laut dem Romanisten Winfried Engler[5] setzte er sich damit von der surrealistischen „Ästhetik der Unverständlichkeit“ ab.[6] Ein weiterer Streitpunkt war die Kommunistische Partei, von der sich Desnos im Gegensatz zu Breton distanzierte.

Robert Desnos 1924
Foto (c):Menerbes (Wikimedia Commons / Mu, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons)

In dieser Zeit lernte er Youki Foujita kennen, die Ehefrau von Tsuguharu Foujita, die seine Geliebte und später seine Frau wurde. Aus Überdruss am Zeitungsbetrieb wurde er 1931 Angestellter einer Wohnungsvermittlung.[7] Ab 1935 war er vorwiegend für den Hörfunk tätig. In der Zeitung Aujourd’hui polemisierte er gegen den rechtsstehenden Schriftsteller Louis-Ferdinand Céline.

In der Gruppe „Agir“[8] der französischen Widerstandsbewegung Résistance aktiv, wurde er im Februar 1944 aufgrund einer Denunziation von der deutschen Besatzungsmacht verhaftet und deportiert. Er durchlief die Konzentrationslager Auschwitz[8] und Buchenwald[8] und hatte Zwangsarbeit in der Rüstungsproduktion in Flöha, einem Außenlager des KZ Flossenbürg, zu leisten. Schließlich wurde er nach Theresienstadt gebracht. Er erkrankte an Typhus und starb wenige Wochen nach der Befreiung des Konzentrationslagers.

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Desnos)

Gedenktafel an seinem Wohnhaus in Paris
Wikimedia Commons / Mu, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons
Werke

• Deuil pour deuil, Gedichte, 1924
• La Liberté ou l’amour, Paris 1927
• L’étoile de mer, Film, 1928 (gemeinsam mit Man Ray)
• Corps et biens, Gedichte 1921–1929, Paris 1930
• Sans-cou, Gedichte, 1934
• La cantate pour l’inauguration du Musée de l’Homme, Kantate, 1937 (gemeinsam mit Darius Milhaud)
• Fortunes, Gedichte, Paris 1942
• Le vin est tiré, Roman, Paris 1943
• État de veille, Gedichte, 1943; postum veröffentlicht
• Choix de poèmes, Gedichte, 1946
• Ouvres posthumes, Gedichte, 1947
• Domaine public, Gedichte, 1953
Einige Ausgaben/Auswahlbände auf Deutsch siehe Weblink Nationalbibliothek

Literatur über Desnos

• Pierre Berger: Robert Desnos. Paris 1949.
• André Bessière: Destination Auschwitz avec Robert Desnos. Paris 2001, ISBN 2-7475-0180-9.
• Rosa Buchole: L’évolution poétique de Robert Desnos. Brüssel 1956.
• Mary Ann Caws: The surrealist voice of Desnos. USA 1977.
• H. L. Davis: Robert Desnos: Une voix, un chant, un cri. 1981.
• Dominique Desanti: Robert Desnos: le roman d’une vie. Mercure de France, 1999.
• Marie-Claire Dumas: Robert Desnos ou l’exploration des limites. 1980.
• Marie-Claire Dumas: Moi qui suis Desnos. 1987.
• Marie-Claire Dumas (Hrsg.): Cahier de l’Herne. Sondernummer Desnos, 1987.
• Marie-Claire Dumas (Hrsg.): Robert Desnos, le poète libre. Éditions Indigo/Université de Picardie Jules Verne, 2007.
• Anne Egger: Robert Desnos. Éditions Fayard, 2007.
• Ilja Ehrenburg: Menschen – Jahre – Leben. (Memoiren), München 1962, Sonderausgabe München 1965, Band II 1923–1941, Seite 173–179 (Porträt), ISBN 3-463-00512-3.
• Michel Murat: Robert Desnos: les grands jours du poète. Paris 1988.
• Reinhard J. A. Pohl: Die Metamorphosen des negativen Helden … Desnos. Hamburg 1977.
• Werner Streletz: Der freieste aller Dichter : unterwegs mit Robert Desnos : Novelle. Bochum: Projektverlag, 2017

Weblinks

Commons: Robert Desnos – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
• Literatur von und über Robert Desnos im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
• Werke von und über Robert Desnos in der Deutschen Digitalen Bibliothek
• Association des amis de Robert Desnos, gegründet 1984 (französisch).

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Desnos)

Robert Desnos und seine Muse Youki Foujita, 1933
Foto (c): Menerbes (Wikimedia Commons / Mu, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons)