Anna Achmatowa wurde 1889 in der Nähe von Odessa geboren. Ihre Jugend verbrachte sie bei St. Petersburg, wo sie auch das Gymnasium besuchte. Ab 1907 studierte sie Jura in Kiew, später Philologie in St. Petersburg. Schon in ihrem ersten Gedichtband von 1912 („Abend“) klingen die zentralen Themen ihres Werks an: Liebesleid, Schmerz, Trennung.
Ab 1922 wurden ihre Gedichte in Sowjetrussland als „schädlich für die Jugend“ gebrandmarkt, sie durfte nichts mehr veröffentlichen. Freunde und Mitglieder der Familie wurden verfolgt und ermordet: Ihr erster Mann, Nikolai Gumiljow, wurde 1921 als Konterrevolutionär erschossen, der eng mit ihr befreundete Dichter Ossip Mandelstamm starb 1938 im Gulag, ihr einziger Sohn wurde mehrfach verhaftet und musste zwölf Jahre in Straflagern leiden. Jahrelang stand die Dichterin in Warteschlangen vor Gefängnisstoren, um Auskunft über ihre Angehörigen zu erhalten.
„Requiem“ ihre große Totenklage auf die Opfer der Stalinzeit konnte erst 1987 erscheinen.
Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion wurde Anna Achmatowa nach Taschkent evakuiert, 1944 kehrte sie nach St. Petersburg (damals „Leningrad“) zurück. In ihrem großen Werk, dem „Poem ohne Held“, hat sie das Leiden und den Tod hunderttausender Bewohner in der von den Deutschen belagerten Stadt in Verse in Verse gefasst.
Während in diesen Jahren ihre Gedichte erscheinen durften, wurden sie nach dem Krieg wieder als „ideologisch schädlich“ diffamiert.
In den letzten Jahren ihres Lebens wurde Anna Achmatowa zunehmend im Ausland geehrt und sie war für den Nobelpreis nominiert. Da war sie längst schon zu einem Vorbild für Generationen junger Dichterinnen und Dichter, nicht nur in Russland, geworden. 1966 starb Anna Achmatowa in der Nähe von Moskau, ihr Grab befindet sich bei St. Petersburg.
Kein Zweifel, Anna Achmatowa und ihre Kollegin und Leidensgenossin Marina Zwetajewa sind die beiden größten Dichterinnen Russlands, strahlende schwarze Sonnen der Weltliteratur.
In diesem Extra gratuliert Theo Schneider mit einem Versuch über sein Lieblingsgedicht „Der grauäugige König“ von Anna Achmatowa der Dichterin zum 135. Geburtstag.
Anna Achmatowa
Werke (nach Wkipedia)
Abend (Вечер). 1912.
Der Rosenkranz (Четки). 1914.
Die weiße Schar (Белая стая). 1917.
Wegerich (Подорожник). 1921.
Anno Domini MCMXXI. 1922.
Aus sechs Büchern (Из шести книг). 1940.
Gedichte 1909 bis 1945. Moskau/Leningrad 1946 (nach der Schdanow-Rede wurde diese Gedichtausgabe vernichtet).
Poem ohne Held (Поэма без героя). 1963.
Requiem. München 1963 (russ.), in der UdSSR erstmals 1987 erschienen.
Lauf der Zeit. 1909–1965. Moskau/Leningrad 1965.
Gesammelte Werke in 2 Bänden. Inter-Language Literary Associates, New York 1965/1967, München 1967/68.
Auswahl. Hrsg. von N. Bannikow. Moskau 1974.
Gedichte und Poeme. Hrsg. von Viktor Shirmunski. Leningrad/Moskau 1976.
Gedichte und Prosa. Hrsg. von B. Drujan. Leningrad 1976. (Die Ausgabe wurde eigentlich von Lydia Tschukowskaja zusammengestellt, aber 1976 durfte ihr Name in der UdSSR nicht mehr öffentlich erscheinen.)
Gedichte. Hrsg. von N. Bannikow. Moskau 1977.
Über Puschkin. Artikel und Notizen. Hrsg. von Emma Gerstein. Leningrad 1977.