Extra: Ein Krebstod, der ein Mord war – Eine Fälschung, die ein Original war ! Zum 50. Todestag von Pablo Neruda 23.9.23

Er ist einer der größten Dichter der Weltliteratur: Der chilenische Nobelpreisträger Pablo Neruda. Picasso hat seine Gedichte illustriert, Mikis Theodorakis seinen „Canto General“ vertont. Und er war Vorbild für Generationen von Dichtern zwischen Kamtschatka und Feuerland. Seine Werke sind auf der ganzen Welt verbreitet und in unzählige Sprachen übersetzt.

Pablo Neruda wurde 1904 geboren und wurde am 23. September 1973 ermordet, nur zwölf Tage nachdem der Diktator Pinochet die demokratische Regierung von Salvador Allende mit einem blutigen Putsch beseitigt hatte und Chile für anderthalb Jahrzehnte in eine blutige Folterdiktatur verwandelte.
Schon wenige Wochen nach dem Putsch kursierte auf der ganzen Welt ein angebliches letztes Gedicht von Pablo Neruda, das er unmittelbar nach dem Putsch verfasst haben sollte.

Erich Fried erzählte mir einmal in den Achtziger Jahren, dass dieses Gedicht, es hieß „Die Satrapen“, eine Fälschung sei. Aber erst viel später habe ich etwas sehr Kurioses herausgefunden: Nämlich, dass dieses Gedicht gleichzeitig eine Fälschung und (bis auf drei, vier Wörter) ein Original ist.

Las Satrapias in der chilenischen Werkausgabe (als PDF-Datei)

Pablo Neruda

Pablo Neruda, mit bürgerlichem Namen Neftalí Ricardo Reyes Basoalto, wurde am 12. Juli 1904 in der südchilenischen Kleinstadt Parral geboren.

Sein Vater war Eisenbahnarbeiter. Die Mutter verlor er bald nach seiner Geburt. Neruda wuchs in Temuco auf, wo er in den Wäldern herumstreifte, sich mit den indianischen Ureinwohnern anfreundete und heimlich Gedichte zu schreiben begann. 1919 veröffentlichte er seine ersten Gedichte in Zeitschriften, wobei er mit „Pablo Neruda“ unterzeichnete. 1921 wechselte Neruda in die Hauptstadt Santiago, um dort das Lehrerkolleg zu besuchen. Im Alter von 20 Jahren publizierte er 1924 die Gedichtsammlung „Veinte poemas de amor y una canción desesperada“, mit der er sich als Autor von Liebesgedichten erstmals einen Namen machte.

Neruda begann nun, als Übersetzer und Journalist für Zeitungen zu arbeiten. Zugleich veröffentlichte er Kurzgeschichten und Gedichte. 1927 wurde Neruda als Honorarkonsul Chiles nach Rangoon in Birma (Myanmar) berufen. 1930 ernannte man ihn zum Konsul von Niederländisch Ostindien. Er heiratete die Holländerin Maria Antonieta Haagenar. 1933/34 übernahm er diplomatische Funktionen zunächst in Buenos Aires, dann in Barcelona und Madrid. Die neuen Eindrücke auf so unterschiedlichen Kontinenten verarbeitete er in seiner dreibändigen Gedichtsammlung „Residencia en la tierra“ (1933-1947). In Madrid trennte sich Neruda von seiner ersten Frau, um später Delia del Carril zu heiraten.

Als sein Kollege und Freund Federico García Lorca im Zuge der Auseinandersetzungen des beginnenden spanischen Bürgerkriegs von den Faschisten ermordet worden war, begann sich der chilenische Schriftsteller zunehmend zu politisieren. Nach seiner Rückkehr in die Heimat unterstützte Neruda von dort 1937/38 den Kampf der spanischen Republikaner. Er begann die Arbeit an seinem Hauptwerk „Canto general“ (1950). 1945 wurde er in den Senat Chiles gewählt. Er trat der Kommunistischen Partei bei und gewann den Nationalen Literaturpreis. Im Zuge der antikommunistischen Repression in Chile musste Neruda 1948/49 untertauchen und dann nach Mexiko fliehen.

Obwohl er inzwischen auf der ganzen Welt gefeiert wurde, konnte er nach Chile erst 1952 zurückkehren. 1955 trennte sich Neruda von Carril, um mit Matilde Urrutia zusammenzuleben. Er unternahm weiterhin ausgedehnte Reisen, die ihn in die Sowjetunion, nach China und Südamerika führten. In den späten 1960er Jahren schrieb Neruda auch für das Theater, für das er spanische Übersetzungen von William Shakespeare verfasste. Außerdem arbeitete er an seiner Autobiografie „Confieso que he vivido: Memorias“, die erst 1974 posthum erschien.

Zu Beginn der 1970er Jahre verzichtete Neruda bei den chilenischen Präsidentschaftswahlen auf eine eigene Kandidatur, um seinen Freund Salvador Allende zu unterstützen. Anschließend wurde er von dessen Regierung als Botschafter nach Frankreich entsandt. 1971 wurde das Lebenswerk des Diplomaten und Dichters durch die Verleihung des Nobelpreises für Literatur gekrönt. Krankheitsbedingt kehrte er 1972 nach Chile zurück, wo er noch die Ermordung Allendes und den Machtantritt des Diktators Augusto Pinochet erleben musste.

Pablo Neruda starb am 23. September 1973 in einem Krankenhaus in Santiago (Chile).