Mord und Totschlag, Inzucht, Onanie, Vergewaltigung, Rassenhass – so ein Buch gehört verboten – rieten besorgte Eltern in Utah/USA zum Umgang mit der Bibel. In Europa stört man sich an Astrid Lindgrens „Pippi Langstrumpf“, weil sie einen Negerkönig zum Vater hat und alle Nicaraguaner Lügner sein sollen – so was darf man Kindern heute doch nicht mehr vorsetzen …
„Bibelverbot an Schulen, Verbannung von Klassikern aus Lehrplänen und Schulbüchern…zensierte Klassiker, politisch korrekte Vorgaben für Literatur…Triggerwarnungen, Verbot umstrittener Vokabeln“ – dagegen argumentiert das Buch von Melanie Möller auf sehr ungewöhnliche Weise:
Am Beispiel überraschender Paarungen von Autoren der Antike mit Kollegen aus der Moderne untersucht, zeigt und verteidigt sie literarischen Wagemut zu Wollust und Wut, Mut zu schriftstellerischen Grenzüberschreitungen, Negation gesellschaftlicher Normen und Freiheit der Fantasie: Catull und Casanova, Sappho und Lindgren, Ovid und Brodsky, Euripides und Annie Ernaux, Homer und die Bibel….
….und plädiert für genaues Lesen und Hinsehen und eine kompromisslose Autonomie der Literatur anstatt vermeintlich gut gemeinter Vorgaben und Verbote.
In diesem Extra von Podcastliteratur.de unterhält sich der Verleger des Galiani Verlags, Wolfgang Hörner, mit der Autorin Melanie Möller über ihr Buch, und sie stellt einige Passagen daraus vor.
Melanie Möller
Melanie Möller wurde 1972 in Bielefeld geboren, hat dort Germanistik und Latinistik studiert und wurde mit einer Arbeit zu antiker Stilkritik promoviert. Anschließend lehrte sie als Assistentin an der Uni Heidelberg, wo sie sich 2009 mit einer Arbeit über Ciceros Rhetorik habilitierte und nebenbei Gräzistik studierte. Seit 2015 ist sie Professorin für Klassische Philologie mit Schwerpunkt Latinistik an der FU Berlin und schreibt regelmäßig über bildungspolitische Themen für verschiedene Tageszeitungen.
Schriften/Auswahl (nach Wikipedia)
• Talis Oratio – Qualis Vita. Zu Theorie und Praxis mimetischer Verfahren in der griechisch-römischen Literaturkritik. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2004, ISBN 3-8253-1631-9.
• Ciceros Rhetorik als Theorie der Aufmerksamkeit. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2013, ISBN 3-8253-6250-7.
• Ovid. 100 Seiten. Reclam, Stuttgart 2016 (2. Auflage 2021).
• Ovid Handbuch, Leben-Werk-Wirkung, Stuttgart: J.B. Metzler, 2021
• Homer. 100 Seiten. Reclam, Stuttgart 2022.
• Rhetorik zur Einführung. Junius, Hamburg 2022.
• Der* ent_mündigte Lese:r. Für die Freiheit der Literatur. Eine Streitschrift. Galiani Berlin, Berlin 2024, ISBN 978-3-86971-302-1.
Pressestimmen
„Das Buch der Stunde: geistreich, gelehrt, passioniert.“ Denis Scheck
„erfrischend polemisch … brillante Provokation“ Deutschlandfunk Jörg Magenau
Wolfgang Hörner
Wolfgang Hörner
Verleger
Galiani Berlin
Geboren 1964 in Öhringen (Hohenlohe), studierte in Würzburg, Heidelberg und York, England.
1990-1998 Eichborn Verlag, Frankfurt; 1998-2008 Gründung und Leitung Eichborn Berlin; seit 2009 Gründung und Leitung des Verlags Galiani Berlin.
Lehrtätigkeiten an der Uni Heidelberg und der FU Berlin, Artikel und Beiträge in Zeitungen und Radios. Autor von Vor- und Nachwörtern zu Büchern von Erasmus von Rotterdam, Johann Fischart, Gottlieb Mittelberger, Laurence Sterne, Johann Karl Wezel, Ferdinando Galiani, Ryszard Kapuscinski, The Graphic Canon, Jürgen Dahl, Ai Weiwei.
Leiter des Galiani Verlags, in dem Bücher u.a. von Karen Duve, Peter Wawerzinek, Sven Regener, Frank Schulz, Jan Costin Wagner, Alain Claude Sulzer, Bruno Preisendörfer, Kat Menschik, Stefan Koldehoff, Ai Weiwei und Michail Chodorkowski erschienen sind.