Folge 32: „Die Amsel fliegt auf / Der Zweig winkt ihr nach“ – Vor 5 Jahren gestorben. Vor 90 Jahren geboren: Arnfrid Astel – Kurzstreckendichter und Langstreckenredakteur

Für viele von uns war er der wichtigste Rundfunklehrer. Der uns vorlebte und beibrachte, dass es besser ist, der natürlichen Strömung von Radio-Gesprächen über Kaskaden, Katarakte, Stauungen und Verwirbelungen zu folgen als mit einem Gebetbuch von Moderationskärtchen und hunderten von Schnitten das Mäandern des Rohmaterials in ein gerades, glattes Betonbett zu zwingen.

Für viele von uns war er der wichtigste Dichter-Lehrer. Und dennoch haben wir viel zu selten seinen Rat befolgt: „Dichten lässt sich nicht unterrichten. Literatur ist das, was du gegen den Rat aller Leute schreibst.“

Er war Deutschlands bester Autor von Epigrammen und anderen Formen kurzer Gedichte. Oft waren seine Verse bekannter als er selbst, und viele sind längst als geflügelte Worte in unsere Sprache eingegangen: „Ich hatte schlechte Lehrer / Das war eine gute Schule“ oder „Zwischen den Stühlen / sitzt der Liberale / auf seinem Sessel“.

Fast alle seine Texte sind auf einer der besten literarischen Webseiten, die ich kenne, im Netz zu lesen: ZIKADEN.de Und für viele von uns war er ein wichtiger Lehrer in Widerrede und Rebellion. Von der Studentenrevolte bis zu seinem Tod hat er politischen und institutionellen Mächten respektlos seinen rhetorischen Mittelfinger gezeigt. Auch dem eigenen Intendanten im Saarländischen Rundfunk, der ihn wegen seiner Epigramme und politischen Überzeugungen fristlos entlassen hatte. Bis Arnfrid Astel die Arbeitsprozesse durch alle Instanzen gewann und bis zu seiner Pensionierung 1998 Leiter der Literaturabteilung des SR blieb.

In Folge 32 erinnert Podcastliteratur.de an Arnfrid Astel mit zwei Beiträgen: Der erste ist ein Gespräch, das sein Nachfolger in der Literaturredaktion Ralph Schock mit ihm führte. In dem Arnfrid Astel über seine besondere Arbeitsweise spricht: erhellend-rebellisch-verblüffend!
Danach liest Arnfrid Astel unter dem Titel „Saarkadien“ seine Gedichte in der Veranstaltung anlässlich der Verleihung des Gustav-Regler-Preises am 28.5.2011 in Merzig.

Podcastliteratur.de dankt dem Saarländischen Rundfunk, der Leiterin der Literaturabteilung Tilla Fuchs und Ralph Schock für die freundliche kostenlose Überlassung der Aufnahmen.

Theo Schneider, Arnfrid Astel und Erich Fried (c) Theo Schneider

Arnfrid Astel

Hans Arnfrid Astel (* 9. Juli 1933 in München; † 12. März 2018 in Trier[1]) war ein deutscher Lyriker und Journalist. Ab 1967 war er Leiter der Literaturabteilung des Saarländischen Rundfunks.[2] Ursprünglich hieß er nur Arnfrid Astel; den Vornamen Hans nahm er 1985 nach dem Suizid seines Sohnes an. Astels Pseudonym ist Hanns Ramus. (Quelle: Wikipedia)
Im Wikipedia-Artikel finden Sie umfangreiche Informationen zu Leben, Auszeichnungen und Werken.

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E.peiffer@gmx.net, CC BY-SA 3.0 http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/, via Wikimedia Commons

Arnfrid Astel – ein Dichter als Redakteur im öffentlich-rechtlichen SR

Mehr als drei Jahrzehnte lang war Arnfrid Astel der Leiter der Literaturabteilung des Saarländischen Rundfunks – und zugleich ein Dichter. Beinahe wären es nur gut drei Jahre geworden. Denn was Astel als untrennbar miteinander verbunden ansah, brachte ihn bei seinem Intendanten in einen Rollenkonflikt.

Anders als er selbst, hielt Intendant Dr. Franz Mai die Form der politischen Agitation und den Inhalt der „aggressiven Gedichte“ des „jugend-frechen“ (Zitate: Astel) radikalen Linken für teilweise nicht vereinbar mit der Funktion eines leitenden Redakteurs im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Autor Rainer Petto war ein Wegbegleiter von Arnfrid Astel, beim SR und auch darüber hinaus.

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