Kostprobe: Traumzeiten aus dem Chemielabor – Norman Ohler: „Der stärkste Stoff. Psychedelische Drogen: Waffe, Rauschmittel, Medikament“

Der Zweibrücker Autor Norman Ohler, er lebt in Berlin, ist Romancier und Journalist. Er hat 2015 mit seinem Buch „Der totale Rausch“ über den Drogengebrauch der Nazis einen Welterfolg landen können. Der Titel wurde in mehr als 30 Sprachen übersetzt.

Das neue Buch ist ebenfalls ein Sachbuch, allerdings mit bemerkenswertem literarischem Drive und hat Page-Turner Qualitäten. Es konzentriert sich auf die Entdeckung, Entwicklung und den Einsatz psychedelischer Drogen, vor allem von LSD, aber auch von Meskalin, Psylocibin und anderen. In Archiven entdeckte Norman Ohler die willfährige Zusammenarbeit der Schweizer Pharmafirma Sandoz mit den Nazis bei der Entwicklung von LSD. Und er schildert, wie die USA nach dem Krieg den Gebrauch von LSD als Folterwerkzeug und Wahrheitsdroge weiter betreiben, wobei sie sich auf die Erfahrungen von Naziwissenschaftlern stützen.

Natürlich wird auch die Rolle der Drogen als Trip in Traumzeiten für Beatniks, Hippies, in Rock und Pop, in Hollywood und der Künstlerboheme erwähnt.
Ebenso spannend wie berührend ist das letzte Kapitel: Darin schildert Norman Ohler, wie vielversprechende wissenschaftliche Untersuchungen derzeit LSD in Mikrodosierungen als Heilmittel für Demenz und andere neurologische Erkrankungen erforschen. Und wie die Familie mit diesen Medikamenten, die noch im Experimentierstadium sind, das lange Leiden seiner Mutter lindern kann.

In dieser Kostprobe erklärt Norman Ohler, was ihm an diesem Buch wichtig war und er liest zwei längere Passagen daraus. Zuvor gibt Theo Schneider einen kurzen Überblick über den Autor und seine Werke und über die Inhalte des neuen Buchs.

Verlag Kiepenheuer&Witsch. Köln 2023
Hardcover. Gebunden. 265 Seiten. 24,00Euro

Norman Ohler

Norman Ohler wurde 1970 in Zweibrücken geboren. Ausgebildet an der Hamburger Journalistenschule, begann seine Karriere mit Schreiben für bekannte deutsche Zeitschriften wie SPIEGEL und GEO.
Seine Arbeit führte ihn nach Südafrika, wo er über den Übergang des Landes von der Apartheid zur Demokratie berichtete. Anschließend zog Ohler nach New York, gründete 1994 die »Tribes Gallery« mit und startete eine einzigartige literarische Reise.

Norman Ohler hat mehrere bemerkenswerte Werke verfasst: Sein Debütroman, »Die Quotenmaschine« (1995), begründete das Hypertextformat in der Literatur. In seinem Roman »Mitte« (2001) behandelt Ohler eindringlich das Thema Gentrifizierung. Das Finale seiner Trilogie, der Roman »Stadt des Goldes« (2002), ist eine Darstellung von Johannesburg und dem dortigen turbulenten Leben.

Besonders bemerkenswert ist sein erstes Sachbuch »Der totale Rausch: Drogen im Dritten Reich« (2015), das den Drogenkonsum im nationalsozialistischen Deutschland aufdeckte und mit Übersetzungen in über 30 Sprachen ein Welterfolg wurde.

Der Roman »Die Gleichung des Lebens« (2017) verbindet wahre Begebenheiten mit Kriminalliteratur und stellt den Mathematiker Leonhard Euler als Detektiv vor, während »Harro und Libertas: Eine Geschichte von Liebe und Widerstand« (2019) die Geschichte der größten Widerstandsgruppe gegen Hitler erzählt.
Der renommierte Schriftsteller ist bekannt für seine Fähigkeit, Realität und Fiktion zu vermischen, seine Werke zeichnen sich durch ihre scharfsinnige Erforschung von sozio-politischen Themen aus. Wie der deutsche Kritiker Sebastian Hammelehle einmal bemerkte, »lassen Ohlers Werke einen die Geschichte aus einer neuen und unerwarteten Perspektive betrachten«.

Norman Ohler hat mehrere Auszeichnungen und Stipendien erhalten, darunter den Martha Saalfeld Preis und den Pfalzpreis für Literatur. Er war als Stadtschreiber in Ramallah und auch in Jerusalem tätig, wo er Yassir Arafat interviewte. Im Jahr 2008 war er Co-Autor für den Film »Palermo Shooting« von Wim Wenders, der als Beitrag im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes lief. 2009 schrieb er zusammen mit Dennis Hopper das Drehbuch „Kilo“. Norman Ohlers neuestes Buch, »Der stärkste Stoff« (2023), beleuchtet die Entwicklungsgeschichte des LSD und verwandter Drogen.
Der Autor lebt in Berlin.

Norman Ohler: Foto (c) Ali Ghandtschi
Bücher von Norman Ohler

Die Quotenmaschine
Hoffmann & Campe
Hamburg, 1996

Mitte
Rowohlt-Berlin
Berlin, 2001

Stadt des Goldes
Rowohlt
Reinbek, 2002

Der totale Rausch: Drogen im Dritten Reich
Kiepenheuer & Witsch
Köln, 2015

Die Gleichung des Lebens
Kiepenheuer & Witsch
Köln, 2017

Harro und Libertas: Eine Geschichte von Liebe und Widerstand
Kiepenheuer & Witsch
Köln, 2019

Der stärkste Stoff
Kiepenheuer & Witsch, 2023